Die Kirche machte sich bis zum Ende des 17. Jahrhunderts in Form des geistlichen Gerichts zum Anwalt der geschwängerten und um die Ehre betrogenen Frauen, so dass diese Institution, weil sie zum Großteil von Frauen angerufen wurde, geradezu unter dem Aspekt der Justiznutzung aufgefasst werden kann.
Frauen erhielten nicht nur gerichtlich erwiesene Eheversprechen materiell abgegolten, auch ihre verlorene Ehre konnten sie vor diesem Forum einklagen. Völlig unterschiedlich war die Zielsetzung des weltlichen Gerichts. Es fungierte ausschließlich als Strafgericht. Ehebrecher und Fornikanten, die vor dieses Gericht gebracht wurden, hatten mit den unterschiedlichsten Sanktionen zu rechnen, die von Geld- und Gefängnisstrafen über Körper- und Schandstrafen bis hin zum lebenslänglichen Landesverweis reichten.
Inhaltsangabe
Einleitung
I. Die Drohung mit der weltlichen Obrigkeit
1. Normsetzung und Kriminalisierung
2. Das Pfleggericht als Disziplinierungszentrum
3. Gerichtsstab und Aktenführung
II. Ambivalenzen des klerikalen Habitus
1. Pfleger versus Kommissar
2. Der Klerus als Zentralfigur der Disziplinierung
3. Die geistliche Gerichtsbarkeit
III. Ökonomie und Delinquenz
1. Die Ökonomisierung des „Hauses"
2. Das Erb- und Heiratssystem im Kontext der Eheversprechungsklagen
3. Subsistenzbedingungen: Unzucht ohne Eheversprechung
IV. Haus und Delinquenz
1. Das Haus im Spiegel der Eheklagen
2. Inzest und Verwandtschaftsheiraten
V. Unsanktionierte Geschlechtsbeziehungen vor Gericht
1. Der Anstieg der Sittlichkeitskriminalität (1542-1645)
2. Konkurrierende Disziplinargewalten (1645-1696)
3. Die routinemäßige Sanktionierung (1696-1807)
VI. Urteil und Strafe
1. Strafe, Strafvollzug und Gnadenjustiz
2. Geschlecht, Ehre und Strafe
VII. Strafvermeidung
1. Strategien der Sanktionsvermeidung
2. Mord und Kindsmord
VIII. Devianz und Widerstand
1. Stigmatisierung
2. Resistenz und Renitenz
Schluss: Disziplinierungserfolg und Mentalitätswandel
Glossar
Personenregister
Quellen- und Literaturverzeichnis